Die Diskussion um Daseinsberechtigung von (Tier)Heilpraktikern ist nicht neu, doch habe ich das Gefühl, dass sie gerade in der derzeitigen schwierigen Zeit wieder lauter wird. Von „Schwurblern“ ist die Rede, die mit ihren „Zuckerkügelchen“ (gemeint ist hier die Homöopathie) um sich werfen und dabei Leben gefährden, weil sie Patienten davon abhalten, zu „echten Medizinern“ zu gehen. Naturheilkundler werden mit Verschwörern in einen Topf geschmissen und ihre verschiedenen Behandlungsansätze miteinander verwechselt.
In einem Punkt möchte ich den Kritikern Recht geben: jeder Hans und Franz darf sich in Deutschland ein Schild aufstellen und Tierheilpraktiker nennen. Das Gesetz gibt lediglich vor, wie groß das Schild maximal sein darf. Wieso es nicht strengere Vorgaben gibt? Das frage ich mich auch. Die Berufsverbände der Tierheilpraktiker setzen sich schon seit Jahren dafür ein, dass für unseren Berufsstand staatliche Regelungen und Regulierungen eingeführt werden. Das würde den Beruf legitimieren und somit dem ganzen Berufstand, der seinen Beruf ernst nimmt und qualitativ hochwertige Arbeit abliefert, helfen.
Und ja, es gibt sie: die Naturheilkundler bzw. diejenigen, die glauben welche zu sein, die jegliche Form der Wissenschaft und pharmazeutischen Behandlung als Gift, als Teufelszeug, ansehen und alles, was Ihrer Meinung dazu gehört, vehement ablehnen.
Es gibt aber auch viel mehr diejenigen unter uns, die wirklich etwas auf dem Kasten haben, eine hervorragende Ausbildung haben und die bestrebt sind, sich stetig zu verbessern. Die Herausforderung für dich als Tierhalter besteht nur darin, die Spreu vom Weizen zu trennen und den richtigen, für dich und dein Tier passenden, Tierheilpraktiker zu finden. Woran erkennst du sie nun, die guten Tierheilpraktiker (=THP)? Das erfährst du jetzt:
1. Art und Dauer der Ausbildung
Diverse Heilpraktikerschulen bieten Ausbildungen zum THP im Fernstudium an und werben mit einem besonders schnellen Abschluss. Mag sein, dass 2-3 Praxisseminare dabei sind, aber der Fokus liegt hier wirklich auf der Fernausbildung von zu Hause mit zugeschickten Skripten. Mal ehrlich: das kann nicht funktionieren! Wer im Gesundheitswesen tätig werden will, der braucht neben einem fundierten Fachwissen auch Präsenzunterricht und Praxis. Ein paar Bücher lesen ist einfach nicht genug. Der beste Theoretiker stößt an seine Grenzen, wenn er plötzlich vor einem Tier steht, dass er nun untersuchen soll. Wie muss sich das nochmal anhören, anfühlen, riechen…? Auch das muss man lernen und das geht nur live und dauert mindestens 2, realistisch gesehen eher 3 Jahre.
Abschlusszertifikat per Multiple Choice? Reicht nicht aus! An einer guten Schule muss für den Abschluss richtig hart gearbeitet werden und es wird schriftlich, mündlich und praktisch geprüft.
Frag den THP deiner Wahl einfach mal nach Details seiner Ausbildung. Die Art und Weise, wie er dir davon erzählt, kann dir schon einige gute Aufschlüsse geben.
2. Berufsverband
Eine Mitgliedschaft in einem Berufsverband ist für einen THP wie ein kleines Qualitätssiegel. Das liegt daran, dass die Berufsverbände ihren Mitgliedern vorschreiben, sich jährlich auf veterinärmedizinischer Ebene fortzubilden, wenn sie Mitglied bleiben wollen. Der THP im Verband bildet Netzwerke und kann somit seine Patienten in den Fällen, bei denen er an seine Grenzen stößt, an qualifizierte Fachleute überweisen. Hierzu gehören neben dem Tierarzt z.B. auch Physiotherapeuten/Osteopathen oder Verhaltenstrainer. Ich persönlich gehöre dem FNT (Fachverband Niedergelassender Tierheilpraktiker e. V.) an, der seine Mitglieder neben jährlichen Fortbildungen auch zu folgendem verpflichtet: die „sinnvolle Verknüpfung von modernen medizinischen Erkenntnissen mit der traditionellen Naturheilkunde. Diese Befähigung basiert bei allen im Verband organisierten Mitgliedern sowohl auf schulmedizinischen Grundlagen als auch auf umfangreichen Studien der Theorie und Praxis der Naturheilkunde“. Klingt vernünftig, oder? Das ist dann auch die Steilvorlage für Punkt 3.
3. Tierarzt: Freund oder Feind?
Ein seriöser Tierheilpraktiker hat während seiner Ausbildung nicht nur gelernt, was er alles Tolles für dein Tier tun kann. Er hat auch gelernt, wo seine Grenzen liegen und wie er sie erkennt. Wir haben zwar auch Anatomie und Krankheitsbilder büffeln müssen, jedoch sind wir dabei nicht so sehr ins Detail gegangen, wie ein studierter Tiermediziner. Wir dürfen nicht impfen, natürlich auch nicht operieren. Es gibt Krankheiten, da sind wir einfach die falschen Ansprechpartner und brauchen immer die Hilfe durch einen Tierarzt. Das ist keine Schwäche oder ein Zeichen dafür, dass wir keine Ahnung haben. Es ist schlichtweg manchmal einfach lebensnotwendig für ein Tier, denn auch wir sind keine Wunderheiler.
Mit unseren Behandlungsmethoden sprechen wir als THP hauptsächlich die Aktivierung und die Stärkung der Selbstregulation des Organismus an. Manchmal ist der Körper aber einfach nicht stark genug, um sich selbst zu regulieren und er braucht zunächst medizinische Hilfe aus der Pharmakologie. Andersherum kommt es aber auch sehr oft vor, dass der Tiermediziner nicht weiterkommt, weil Symptome bzw. Erkrankungsbilder nach kurzzeitiger Besserung einfach immer wieder kommen und eine Ursache dafür bisher nicht ausfindig gemacht werden konnte. Durch unseren Ansatz der (zeitintensiven) Ursachenforschung kommen wir dem Hauptproblem dann häufig eher auf die Spur. Ein Hand in Hand mit dem behandelnden Tierarzt ist für einen guten THP immer erstrebenswert.
4. Individualität
Wir arbeiten nicht mit vordefinierten Schemata. Somit wird dir ein guter THP nie pauschal das eine Mittel für Krankheit XY nennen, dass du mal eben geben kannst. Wir betrachten dein Tier ganzheitlich, das heißt jedes noch so kleine Symptom ist für uns interessant, damit wir uns am Ende ein großes Ganzes bilden und demnach die beste Therapie finden können. Es mag für dich anfangs vielleicht befremdlich sein, wenn der THP dich fragt, wie der Haufen deines Tieres genau aussieht oder riecht. Aber genau in solchen Detailfragen liegt oftmals der Schlüssel. Vor allem bei chronischen Krankheiten oder tierärztlich austherapierten Tieren suchen wir oft die Nadel im Heuhaufen. Ohne das Tier mit all seinen Eigenheiten individuell zu betrachten, kommen wir nicht so weit.
Den Schlüssel eines gesunden Tierlebens sieht ein guter THP also in den Lebensumständen des Tieres. Unter Berücksichtigung der oben genannten Punkte möchten wir präventiv und nachhaltig für ein gesundes Leben sorgen und Erkrankungen bestmöglich therapieren und vorbeugen.
Es stimmt: die meisten von uns arbeiten (und das sehr erfolgreich) mit Methoden, die wissenschaftlich nicht anerkannt werden und deren Wirksamkeit bislang nicht erwiesen wurde. Zumindest nicht in randomisierten Einfach-, Doppel- oder Dreifachblindstudien, die es für eine wissenschaftliche Anerkennung braucht. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass man die Wirkung dieser Methoden nachweisen könnte, wenn denn genügend Geld, Durchsetzungswillen und Ressourcen/Manpower zur Verfügung ständen. Damit kommen wir abschließend zurück zum Punkt 3 – ein guter THP wünscht sich, mit Schulmedizinern (und letztlich auch Wissenschaftlern) gemeinsam und in gegenseitiger Anerkennung der jeweiligen Therapiearten zu arbeiten.