Brachycephalie bei Hunden (und Katzen) – Warum Bulldogge & Co. so krank sind

Sie gehören zu den beliebtesten Hunderassen weltweit – mit ihrem runden Kopf, den großen Augen und ihrem freundlichen Wesen haben Französische und Englische Bulldogge, Mops, Chihuahua, Pekinese & Co. das Herz zahlreicher Fans für sich gewonnen. Ihr niedliches Aussehen (das sog. „Kindchenschema“) bringt jedoch eine große Veranlagung zu einer Menge Krankheiten mit sich, unter denen die Tiere oft lebenslang leiden müssen. Ein wichtiges Thema, über das sich meiner Meinung nach jeder informieren sollte, bevor er sich ein solches Tier anschafft.

Beispiele für brachycephale Rassen wären:

  • Affenpinscher
  • Chihuahua
  • Mops
  • Bulldogge
  • Boxer
  • Malteser
  • Boston Terrier
  • Cavalier King Charles Spaniel
  • Pekinese
  • Shih-Tzu
  • Yorkshire Terrier
  • Perserkatze
  • Andere kurznasige Katzenrassen

Aber woran leiden Bulldogge und andere Vertreter nun häufig und warum?

Brachycephalie bedeutet Kurzköpfigkeit oder Rundköpfigkeit. Es handelt sich dabei um eine angeborene erbliche Deformation des Schädels, wobei züchterisch das bereits erwähnte Kindchenschema angestrebt wird. Die Köpfe sind nur noch minimal länger als breit und es bildet sich ein Unterbiss. Beim mesocephalen oder dolichocephalen – also dem mittel- oder langnasigen Hund – findet nach der Geburt ein starkes Größenwachstum des Gesichtsschädels und der Nasenmuscheln statt. Beim brachycephalen Hund bleibt das aber aus, wodurch das stark verkürzte Gesicht mit den großen, offenen Augenhöhlen auftritt. Gleichzeitig kommt es zu einem normalen Wachstum des Weichteilgewebes. Dadurch treten anatomische Veränderungen auf, die zu schwerwiegenden Symptomen führen können.

Gesundheitliche Probleme durch Brachycephalie

Zum einen hätten wir da die Atemnot. Die hat wahrscheinlich jeder schon mal bei Mops und Bulldogge gehört. Es ist dieses berühmte Schnorcheln und Schnarchen, das schon bei kleinster Anstrengung auftritt. Woran liegt das?
Es besteht eine Stenose der Nasenlöcher: die Nasenscheidewand ist verkrümmt, die Nasenlöcher verengt und die Nasenmuscheln vergrößert, sodass es zu erhöhten Luftwiderständen im Strömungskanal der Nase kommt. Ein vergrößerter weicher Gaumen, welcher sich atemsynchron bewegt, führt häufig zu Gewebsentzündungen mit ausgeprägter Ödembildung. Auch eine zu große Zunge für die verkürzte Maulhöhle führt zu Schluck- und Atembeschwerden. Hinzu kommt häufig noch ein Kehlkopfkollaps infolge mangelnder Festigkeit (Laryngomalazie) und ein zu langes Gaumensegel.

Wie äußert sich die Atemnot bei den betroffenen Hunden?

  • Die Atemnot reicht bis zur Synkope (Ohnmacht)
  • Atemgeräusche, Schnarchen
  • Angestrengte, heftige Maulatmung, mit nach außen rotierten Ellenbogen und unter Einsatz der Bauchmuskulatur, um gegen den Atemwiderstand anzukommen
  • Überhitzung
  • Hochgradige Belastung des Herz-Kreislauf-Systems
  • Unter Stress oder Belastung treten die Symptome gehäufter und ausgeprägter auf

Das war aber noch nicht alles…

Weitere gesundheitliche Probleme wären die folgenden:

  • Entzündungen der Hautfalten im Nasen- und Gesichtsbereich
  • Verengung des Tränennasenkanals, dadurch erhöhter Tränenfluss, wodurch die Hautfalten ständig nass sind und sich durch die zusätzliche mechanische Reibung weiter entzünden
  • Die großen abgeflachten Augenhöhlen begünstigen einen Bulbusprolaps. Nicht selten besteht eine Dysplasie der TENON-Kapsel (knorpelige Schale in der Orbita): der Augapfel rutscht leichter aus dem Auge, z.B. bei einem Unfall
  • Entropium, d.h. ein nach innen gerolltes Augenlid und damit nach innen wachsende Wimpern, die das Auge ständig reizen
  • Abnormal wachsende Wimpern

Weiter geht es mit dem Bewegungsapparat

Durch die sog. Chondrodystrophie der brachycephalen Rassen haben wir zu allem Übel auch noch jede Menge mögliche Erkrankungen des Bewegungsapparates. Chondrodystrophie bedeutet eine fehlerhafte Ausbildung des Knorpels. Jedes knorpelige Gewebe im Körper der Tiere ist hier sozusagen einfach sehr schlecht ausgebildet. Dazu gehören nicht nur Gelenkknorpel, sondern auch die Bandscheiben, die Trachealspangen der Luftröhre, der Kehlkopf etc… wir ahnen es schon.

Im Bereich des Bewegungsapparates kommt es zu:

  • Einem gehäuften Auftreten von Keilwirbeln, die durch die Instabilität Bandscheibenvorfälle und Wirbelkanalstenosen begünstigen
  • Deformierten Ruten
  • Offene Fontanellen beim erwachsenen Hund (Lücken zwischen den Knochen des Schädeldachs bei Neugeborenen, die normalerweise nach der Geburt zusammenwachsen)
  • Zahnfehlstellungen, erschwerter Kieferschluss können zu Problemen beim Fressen und Trinken führen
  • Neigung zu Patellaluxation, Arthrosen etc.
  • Schwergeburten/Kaiserschnitt durch übergroßen Köpfe der Welpen

Noch schlimmer wird es, wenn Brachyzephalie auch noch mit bestimmten Fellfarben kombiniert wird. Vor allem graue/silberne Hunde und Katzen mit dem Merle-Gen (dabei handelt es sich um einen Gendefekt) neigen zu Taubheit und/oder Blindheit.

Klingt alles ganz schön schlimm oder? Ist es auch. Ich bin ehrlich: ich gehöre zu denjenigen, die es gerne sehen würden, wenn die Zucht dieser Rassen einfach verboten werden würde. Es sind einfach Qualzuchten, die mehr Tierleid mit sich bringen, als dass sie Freude machen. So niedlich sie vielleicht aussehen mögen oder so freundlich ihr Wesen auch ist.

Ist eine solche Rasse aber erstmal bei dir eingezogen, gilt es, sie bestmöglich zu unterstützen.

Was kannst du also tun, um all diesen schlimmen Erkrankungen so gut es geht vorzubeugen?

Im Bereich der Atemwege gibt es mittlerweile schon viele vielversprechende Operationen. So kann beispielsweise ein zu langes Gaumensegel angepasst und zu stark ausgeprägte Nasenschleimhäute gekürzt werden, sodass eine bessere Luftzirkulation möglich wird. Ein Erfolg dieser OPs ist aber nicht unbedingt garantiert. Im besten Fall wird dem Hund das Atmen erleichtert und er kann ein nahezu normales Leben führen. In sehr schweren Fällen aber wird er trotz allem sein Leben lang weiterleiden müssen.
Das Knorpelgewebe sollte von Anfang an, z.B. mit geeigneten Nahrungsergänzungsmitteln, unterstützt werden, damit es sich gar nicht erst so schnell abbaut. Regelmäßige Check Ups können helfen, Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und sie bestmöglich in Schach zu halten.

Leider können wir im Fall der Kurznasen nur symptomatisch behandeln. Die Ursache der Beschwerden ist eindeutig ein falsch gewähltes Zuchtziel, das die starken gesundheitlichen Einschränkungen mit sich gebracht hat. Ein striktes Verbot dieser Qualzuchten wäre die einzige Möglichkeit, das Leid dieser Rassen zu beenden.